Engagementprozess im Zuge des russischen Agriffskriegs auf die Ukraine

Flucht aus der Ukraine

Bonn, im Juli 2022

 

Einordnung
Murphy&Spitz Nachhaltige Vermögensverwaltung (im Folgenden Murphy&Spitz) verurteilt den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine scharf.

Von der Staatengemeinschaft wird bereits maximaler Druck auf Russland und Putin ausgeübt, um den Krieg schnellstmöglich zu beenden: harte Sanktionen, wie den Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem SWIFT und das Kohle- und Ölembargo, Waffenlieferungen an die Ukraine, internationale Isolation.

Aktiver Engagementprozess

Als nachhaltiger Investor sieht Murphy&Spitz sich in der Verantwortung, im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Beitrag zu leisten. Mittels eines aktiven Engagementprozesses hat Murphy&Spitz ihren Einfluss als Investor auf die Unternehmen ihres Anlageuniversums genutzt. Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen mit Russland und/oder Belarus unterhalten und sich gegen einen Rückzug oder zumindest ein Einfrieren der Geschäftsbeziehungen stellen, werden bei Murphy&Spitz devestiert.

Vorgehen und vorläufige Ergebnisse

Ende März 2022 hat Murphy&Spitz den Großteil der Unternehmen des Anlageuniversums angeschrieben[1], um zu erfahren, ob sie in Russland derzeit exponiert sind und welche Aktivitäten in den nächsten Monaten bezüglich ihres etwaigen Russland- und/oder Belarusgeschäfts vorgesehen sind. Konkret wurde bei den Unternehmen abgefragt, ob sie eine Geschäftstätigkeit in oder Geschäftsbeziehungen mit Russland und/oder Belarus unterhalten und wenn ja, ob ein Rückzug aus Russland geplant ist und nach welchem Zeitplan. Alle Unternehmen bis auf zwei haben auf die Anfrage reagiert. Bei dem einen Unternehmen konnten weder telefonisch noch per E-Mail alle nötigen Informationen eingeholt werden. Murphy&Spitz wird daher auf der diesjährigen Hauptversammlung darauf drängen, dass sich das Unternehmen vollständig vom Russlandgeschäft löst. Bei dem anderen Unternehmen wurden die Bemühungen mittels Telefonanrufe und E-Mail verstärkt, um eine Rückmeldung zu erhalten. Sollten hier weiterhin keine Informationen bereitgestellt werden, wird das Unternehmen devestiert.

Etwa 45 % der Unternehmen, in denen Murphy&Spitz investiert ist, war bereits vor Beginn des Krieges nicht in Russland und/oder Belarus aktiv. Etwa 25 % hat zeitnah nach dem Start des Engagementprozesses und der Erhöhung des internationalen Drucks öffentlichkeitswirksam bestätigt, aus dem russischen Markt auszusteigen oder die Geschäftsbeziehungen einzustellen, bspw. die Deutsche Post und, mit etwas Verzögerung, SAP. Andere Unternehmen haben uns den sofortigen Stopp der Geschäftsbeziehungen gemeldet, wie Washtec und Steico.

Ausnahmen Gesundheit und Erneuerbare Energien

Nach Sichtung der Rückläufe auf die Anfrage hat Murphy&Spitz die Entscheidung getroffen, Unternehmen aus den Branchen Gesundheit und Erneuerbare Energien, die weiterhin in Russland und/oder Belarus aktiv bleiben, nicht zwangsläufig aus dem Anlageuniversum auszuschließen, wenn diese überzeugend vermitteln können, dass vertretbare Gründe dafür bestehen. Das betrifft circa 25 % der Unternehmen. Dies sind, bis auf ein Unternehmen, alles Unternehmen aus der Gesundheitsbranche.

Ein Beispiel ist Novo Nordisk. Das Unternehmen konnte nachvollziehbar argumentieren, dass eine Fortführung der Lieferungen aus ethischen Gründen zu rechtfertigen ist. Derzeit sind in Russland nach Unternehmensangaben circa 700.000 Insulin-Patienten direkt von den Produkten von Novo Nordisk abhängig. Richtig ist, die russische Wirtschaft durch Sanktionen zu schwächen, um so Putin zu einer Beendigung des Krieges zu bewegen. Dabei dürfen jedoch nicht Menschen bestraft werden, die von lebenswichtigen bzw. überlebensnotwendigen Arzneien oder Behandlungen abhängig sind, welche durch russische Produkte nicht substituiert werden können. Novo Nordisk hat aus diesen Gründen die Lieferungen von Produkten nach Russland nicht eingestellt. Klinische Investitionen in Russland und Anträge zur Marktzulassung hat das Unternehmen jedoch ausgesetzt. Ferner hat Novo Nordisk eine signifikante Spende mit Diabetes- und Hämophilie-Medikamenten an das ukrainische Gesundheitsministerium getätigt.

Im Branchensegment Erneuerbare Energien wurde nach Abwägung ebenfalls entschieden, ein Unternehmen mit einem Projekt in Russland nicht abzustoßen. Murphy&Spitz stuft den positiven Beitrag des Erneuerbare-Energien-Projekts für die Menschen vor Ort und die Energiewende allgemein höher ein als den positiven Effekt, den ein Rückzug des Unternehmens aus Russland erzielen würde. Jede Aktivität, die den Einfluss von Gas und Öl reduziert, sollte unterstützt werden.

Erfolgreiches Engagement-Ergebnis – Rational AG

Ein positives Beispiel für einen erfolgreichen Engagementprozess ist die Rational AG. Murphy&Spitz ist in einen intensiven Dialog mit dem Management getreten, hat mehrmals nachgehakt und ihre Position deutlich gemacht. Es wurde darauf gedrungen, dass sich der Vorstand der Rational AG hinsichtlich der Vertriebsgesellschaft in Russland positioniert. Zuletzt wurde ein Divestment innerhalb der nächsten Wochen angekündigt, falls sich der Entscheidungsprozess zu einem Rückzug aus Russland nicht deutlich beschleunigt. Ein Kerngeschäftsbereich der Rational AG ist die Herstellung energieeffizienter Küchen. Diese stuft Murphy&Spitz als nicht überlebenswichtige Produktklasse ein. Ein Beibehalten der Geschäftsbeziehungen nach und eine Geschäftstätigkeit in Russland aus ethischen Gründen ist damit also nicht begründbar. Bei einem Verbleib des Unternehmens in Russland würde Murphy&Spitz demnach devestieren.
Die Einflussnahme von Murphy&Spitz hatte Erfolg: Anfang Juni hat die Rational AG entschieden, den Geschäftsbetrieb in Russland einzustellen und die dortige Vertriebsgesellschaft bis Ende 2022 zu schließen.

Ausblick:
Der Engagementprozess ist noch nicht abgeschlossen. Murphy&Spitz wird die Entwicklungen rund um den Krieg in der Ukraine weiterhin sehr genau verfolgen und evaluieren, welche Konsequenzen sie für das Anlageuniversum haben.

 


[1] Ausgenommen waren Unternehmen, von denen wir zweifelsfrei wissen, dass sie keine Geschäftsbeziehungen mit Russland und/oder Belarus unterhalten.

 

 

  • Sandra Murphy Leiterin Kommunikation Sandra Murphy

    Seit Anfang 2012 ist Sandra Murphy bei Murphy&Spitz für Corporate Communications und Marketing zuständig. 

    Zuvor war Sandra Murphy Pressesprecherin und Leiterin Öffentlichkeitsarbeit bei einem Bonner Verband, Marketingreferentin einer Marketinggesellschaft und Account Managerin einer weltweit führenden PR-Agentur.

    Sandra Murphy studierte Germanistik und Sozialwissenschaften an der Universität Bonn. 

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